
„Identitäten“ — Der schwarzweiss-Adventskalender im Dezember 2012
Im Rahmen von drei Veranstaltungen und einem Stammtisch griff der Verein ‚schwarzweiss‘ im Dezember noch einmal sein Jahresthema „Identitäten“ auf, um es unter verschiedenen Aspekten zu betrachten, und ließ mit diesen Advents-Begegnungen gemeinsam mit zahlreichen interessierten Besucher_Innen das Jahr ausklingen.
Zum Auftakt wurde in einer Filmvorführung im Romanischen Keller das Musical „Leave it on the Floor“ als Ausflug in die queere, größtenteils schwarze Ballroom-Szene von Los Angeles gezeigt und diskutiert. Der Laufsteg bei den so genannten Ballroom-Wettbewerben wird in diesem Film zur schrillen Bühne für die Inszenierung der eigenen, und dem Spiel mit fremden Identitäten. Im gesellschaftlichen Mainstream etablierte Kategorien von Gender, Klasse und Ethnizität werden herausgefordert, etwa wenn auf dem Laufsteg vermeintliche Hetero-Rollen angenommen werden, wie Gangster, School Boy, Manager oder Female. Ein lohnenswerter Blick auf eine spektakuläre Art, mit Geschlechterrollen und ihren Attributen zu spielen.
Für die weihnachtliche Geselligkeit war beim regelmäßigen schwarzweiss-Stammtisch im Schwarzen Peter gesorgt. Mit einigen Interessierten wurde bei Essen und Getränken über die Arbeit des Vereins, aber auch die Inhalte unserer Veranstaltungen und Texte geplaudert.
Die Vielfalt und Komplexität der Formen von Ich– und Wir-Bewusstsein standen dann erneut im Mittelpunkt der nächsten Veranstaltung. Wieder im Romanischen Keller hieß es dieses Mal Bühne frei für Texte aller Art rund um das Thema Identitäten. Bei stimmungsvoller Atmosphäre und Kerzenlicht wurde bis spät in den Abend gelesen, zugehört und angeregt diskutiert. „The Danger of a Single Story“ der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Adichie eröffnete den Lesereigen, in dem weitere Texte von Salman Rushdie, Italo Calvino, Fred Wah, Henry Miller und am Ende sogar ein selbstgeschriebenes Gedicht vorgetragen wurden. Am Ende ergab sich ein buntes Bild von Identitäten als Konstrukte zwischen Person und Kollektiven, Selbstbild und Fremdzuschreibungen, Emotion und strategischer Positionierung.
Den Abschluss bildete schließlich erneut eine Veranstaltung in informellem Rahmen: Im kleinen Kreis wurde bei einem Rundgang über den Heidelberger Weihnachtsmarkt in den Blick genommen und intensiv überprüft, mit welcher Bildsprache und welchen Elementen der Inszenierung das von den meisten Vorbeigehenden auf den ersten Blick irgendwie als „romantisch“ empfundene Bild des Marktes konstruiert wird. Vor allem die bewusste oder weniger offensichtliche Verwendung von christlich-weihnachtlicher Symbolik und anderen spirituellen Motiven etwa in Form des Sterns, der als Lampenschirm aufgehängt werden kann, und die Inszenierung des „Imaginierten Eigenen“ durch die angedeuteten Fachwerk-Elemente und Schwarzwald-Hütten bei den Verkaufsständen, dienen anscheinend diesem Zweck, und animieren die Besucher_Innen subtil zum Kaufen.
Carolin Liebisch, Januar 2013