
Interview mit QueerCampus und UnheilBar
Zwei Queere Initiativen in Heidelberg stellen sich im Interview mit schwarzweiss vor
Das Adjektiv ‚queer‘ (|kwıə|; aus dem engl.; seltsam, unwohl, fragwürdig) wurde als Bezeichnung für Homosexuelle zunächst abwertend verwendet. In den späten 1980er Jahren wurde der Begriff als Eigenbezeichnung angeeignet und positiv umgedeutet. Queer erweitert den Gender–Begriff: Umfasst werden alle Genderformen und Geschlechtlichkeiten – womit stereotype und festgelegte Identitäten hinterfragt und aufgebrochen werden.
Interview mit QueerCampus — Lesbisch-Schwul-Bi-Transgender-Stammtisch Uni Heidelberg
schwarzweiss: Wie kam es zur Gründung von QueerCampus?
QueerCampus: Im Januar 2008 haben sich ein paar Student_innen überlegt, dass eine queere Hochschulgruppe in Heidelberg fehlt. Aber erst seit zwei Semestern findet der Stammtisch regelmäßig statt. Die Idee dahinter ist, dass wir einen Ort zum lockeren Austausch gesucht haben. Aber wir sind ganz offen für alle, die sich mit queer-Themen beschäftigen, unabhängig von sexueller Orientierung.
SW: Das heißt, Ihr verfolgt kein programmatisches Konzept?
QC: Nein, das ist hier beim Stammtisch eigentlich kein Thema.
SW: Was bedeutet eigentlich Queer Campus?
QC: Unter Queer verstehe ich – damit spreche ich jetzt vielleicht nicht für die ganze Gruppe – alles was von einem normativ-heterosexuellen Lebensstil abweicht. Also zum Beispiel schwul, lesbisch, bisexuell, transgender, BDSM.
SW: Das ist ein spannender Aspekt. Wie wichtig sind solche Labels für Eure Selbstverortung?
QC: Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Ich sehe das problematisch. In der ersten Coming-Out-Phase sind für viele Labels extrem wichtig zur identitären Orientierung, für Lesben wären das z.B. butch, femme, tomboy etc. Später beginnt man meistens, diese Labels in Frage zu stellen und sich von ihnen wieder zu verabschieden. Ich finde es daher sehr gut, dass der Stammtisch ‚queer‘ heißt: Gerade das Konzept ‚queer‘ will ja solche Schubladen überwinden.
SW: Folgt daraus, dass Ihr solche Kategorien auch vermeidet um andere zu beschreiben?
QC: Im Alltag spielen solche Kategorien schon eine Rolle. Gerade wenn man auf der Suche nach potentiellen Partner_innen ist, orientiert man sich an bestimmten Klischees. Aber solche Klischees sind natürlich oft irreführend.
SW: Also ist das mit den Labels jenseits der Theorie dann doch komplizierter. Vielleicht eine praktische Frage zum queer-Sein an der Uni: Sind gender– und queer-Themen abgedeckt? Oder gibt es da noch Bedarf?
QC: Das ist je nach Fach ganz unterschiedlich. In der Anglistik gibt es in vielen Seminaren die Möglichkeit solche Themen unterzubringen. In anderen Bereichen besteht aber noch Bedarf – zu manchen Forschungsfeldern klammert die UB die Literatur regelrecht aus.
SW: Konkrete Diskriminierung ist im universitären Kontext kein Thema?
QC: Nein, eigentlich nicht. Im Zweifels– oder Ernstfall kann man sich an das Antidiskriminierungsreferat (antidiskriminierung@fsk.uni-heidelberg.de) wenden. Oder bei unserem Stammtisch ansprechen.
Weitere Informationen, Kontaktdaten und die Termine für den nächsten Stammtisch findet Ihr auf der Homepage: queercampus.uni-hd.de oder über facebook.
Interview mit UnheilBar– unkommerzielles queeres Partytreiben in Heidelberg
SW: Wie kam es zur Gründung? Welchen Handlungsbedarf habt Ihr gesehen?
UnheilBar: Die erste UnheilBar fand am 13. Februar 1997 in den Räumen des leider nicht mehr existierenden Autonomen Zentrums statt. Die les-bi-schwule Community Heidelbergs konnte zwar schon damals auf diverse Gruppen und Organisationen zurückgreifen – es fehlte aber eine regelmäßige Partyreihe. So taten sich dann unsere Gründungsmitglieder zusammen und initiierten das unheilbare Partytreiben. Damals galt auch schon das Motto, das uns jetzt immer noch wichtig ist: wir sind queer und unkommerziell!
SW: Kann man bei Euch mitmachen?
UhB: Unbedingt! Wir sind ja eine DIY-Gruppe und übernehmen bei den Parties alles selbst, von der Werbung, Orga, Deko, Musik bis zur Theke – kreativer, engagierter „Nachwuchs“ ist allzeit willkommen. Wir treffen uns regelmäßig und sind auch außerhalb des Partytreibens ein sympathisches Grüppchen!
SW: Wann und wo sind die Parties?
UhB: Die Parties finden alle 2 Monate in der Villa Nachttanz statt. Genaue Termine geben wir dann rechtzeitig bekannt. Ferner findet man immer wieder unsere DJanes auch als Gäste auf anderen Veranstaltungen in Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe.
SW: Für wen sind die Parties?
UhB: Unsere Parties richten sich an das ganze bunte LGBT-Spektrum und wir freuen uns über alle Hetero-Homo-Bi-Pansexuellen, die uns mit ihrer Präsenz beehren möchten. Wir sind ja u.a. bekannt für unsere DJanes, deren breit gefächertes musikalisches Programm alle Freunde des chart-freien Musikgeschmacks erfreut.
SW: Was fehlt in der Queer Szene in Heidelberg?
UhB: Eindeutig: eine oder auch gerne mehrere feste Locations, also Bars, Kneipen und Clubs! Heidelberg hat zwar „queer-friendly“ Orte — wie die Villa Nachttanz – aber dort ist man ja nur Gast. Für eine Unistadt ist das wirklich enttäuschend.
Weitere Informationen, Kontaktdaten und die Termine für die nächsten Parties findet Ihr auf der Homepage: www.unheilbar.org oder über facebook.
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