
Jahresbericht 2015
Rückblick
Liebe Freund_innen von schwarzweiss,
was haben wir eigentlich 2015 gemacht? Eine ganze Menge! Im Folgenden laden wir Euch dazu ein, mit uns noch einmal durch das vergangene bunte Jahr zu spazieren.
schwarzweisse Veranstaltungen
Beim Thema Toleranz hört für viele der Spaß auf. So haben es lesbische, schwule und queere Menschen, Menschen mit diversem kulturellen Hintergrund, mit trans*- und inter*-Identitäten, People of Colour und auch behinderte Menschen satt, ständig dem Wohlwollen und der Arroganz der sogenannten „Mehrheitsgesellschaft“ ausgesetzt zu sein und auf deren „Toleranz“ zu hoffen. Was müssen wir uns eigentlich gefallen lassen und was nicht? Dieser Frage widmeten wir uns im April zusammen mit Wandlungsbedarf , Lady*Fest HD und Queer Play bei der Podiumsdiskussion „Toleranz ist scheiße!“ im Karlstorbahnhof.
Im Mai zeigten wir gemeinsam mit der Heidelberger Initiative Identität & Geschlechtlichkeit anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Trans*- und Interphobie (IDAHOTI*) in den breidenbach studios den Dokumentarfilm Mr. Angel, der ehrlich und bewegend das Leben von Trans*aktivist, Pornostar, Produzent, Schriftsteller und Mentor Buck Angel nachzeichnet.
Beim Festival contre le Racisme setzte sich unser Gastreferent Koray Yılmaz-Günay am 12.06.15 in seinem Vortrag „‘Muslime vs. Schwule‘ nach dem 11. September – Karriere eines konstruierten Gegensatzes“ mit der veränderten Wahrnehmung von migrantischen Communities in der BRD und Europa nach den Terroranschlägen von New York 2001 auseinander.
Im November startete schließlich unsere Reihe Newcomer, Exil und Flucht mit einer Veranstaltung im Karlstorkino, wo wir gemeinsam mit dem Asylarbeitskreis Heidelberg den Dokumentarfilm Willkommen auf Deutsch zeigten. Passend zur Filmwoche gegen Vorurteile und Diskriminierung, die vom Karlstorkino und dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg organisiert wurde, erzählt der Film von den Dynamiken, die in Gang gesetzt werden, wenn in dem 415-Seelen-Dorf Appel im Landkreis Harburg eine Flüchtlingsunterkunft für 53 Personen geplant wird.
Ebenfalls im November fand die erste Trans*Aktionswoche Rhein-Neckar statt, die von der Heidelberger Initiative „Identität und Geschlechtlichkeit“ und schwarzweiss in Zusammenarbeit mit der lesbisch-schwulen Geschichtswerkstatt Heidelberg-Mannheim und PLUS. Psychologische Lesben– und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V. organisiert wurde, mit Unterstützung der Städte Mannheim und Heidelberg. Dabei waren wir vor allem in den Heidelberger Teil der Veranstaltungen involviert: Es begann mit einem Workshop, der „Von Schnauzbärtigen Damen & haarlosen Jünglingen“ erzählte und eine Einführung in die Geschichte der Vielfalt muslimischer Geschlechts– und Sexualitätskonzepte bot. Ebenfalls spannend war die Vorführung des vielfach preisgekrönten Films „Boy Meets Girl“, der eine positive, selbstermächtigende Darstellung einer Trans*Geschichte liefert, und den wir im Anschluss mit Leyla Jagiella diskutierten. Einen überaus interessanten Einblick in eine weitere Dimension des Trans*Aktivismus über „Trans*formative Erinnerungskultur“ bot die Vorstellung des Lili Elbe Archivs für Inter-/Trans-/Queer-History in Berlin durch deren Leiterin Niki Trauthwein dar. Das Archiv liefert mit einer großen und vielschichtigen Sammlung sowohl privater Dokumente als auch unterschiedlicher Drucksachen und anderer Medien nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Trans*Geschichtsschreibung und zur Erinnerungskultur der Bewegung, sondern auch für deren Sichtbarkeit.
Im Dezember fand die zweite Veranstaltung in unserer Reihe Newcomer, Exil und Flucht statt. Gerahmt von Kunstausstellung und Infoständen bildete die Podiumsdiskussion zum Thema „Flucht im Fokus — Warum fliehen Menschen?“ den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung im Kirchheimer Bürgerzentrum. Organisiert wurde die Begegnung durch einen Zusammenschluss verschiedener Initiativen (Festival contre le racisme Heidelberg, schwarzweiss e.V., fl*ufuk, The VOICE Forum Baden Württemberg, Refugee Community Karlsruhe und Refugees for Refugees Stuttgart). Die Podiumsdiskussion zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass Geflüchtete miteinbezogen wurden und sie bspw. durch Dolmetscher an der Diskussion teilnehmen konnten und schließlich auch Raum hatten, ihre eigene Meinung und ihre Erfahrungen lauten zu lassen.
schwarzweisse Gedanken und Gespräche
Im Jahr 2015 waren wir wie immer auch schreibend aktiv und veröffentlichten einige Artikel auf unserer Homepage und zum Teil in der Heidelberger Studierendenzeitschrift Unimut. Im Gastartikel „Ich laufe, also bin ich“, sagte die Macht denkt Friederike Faust über den Fitnesszwang, Bio-Macht und die Disziplinierung von Körpern nach. Wir fragten in Die Invasion der grünen Schreihälse, was es mit den nicht nur in Heidelberg flatternden Halsbandsittichen auf sich hat und legten passend dazu den neuen schwarzweiss-Lexikoneintrag zu Speziesismus nach. Schließlich sprach Elias Nies in einem Interview für schwarzweiss mit dem Psychotherapeuten Stefan Lieven über Identitätsprobleme, die aus einer Behinderung resultieren können.
Spaziergänge durch Heidelberg mit schwarzweiss
Auch 2015 führten wir wieder regelmäßig unseren Kolonialgeschichtlichen Stadtrundgang durch, in dem wir uns auf eine Spurensuche nach den kolonialen Verwicklungen Heidelbergs machen, die in allgemeinen Darstellungen der Stadtgeschichte meist unberücksichtigt bleiben. Der Rundgang beleuchtet diesen blinden Fleck und möchte den Teilnehmenden eine neue Perspektive auf die eigene städtische Lebensumwelt eröffnen und zu einer sensibleren Sicht auf koloniale Ursprünge und deren Fortwirken im heutigen postkolonialen Kontext der Globalisierung anregen. Für die andauernde Unterstützung des Stadtrundgangs danken wir dem Ausländer-/Migrationsrat der Stadt Heidelberg ganz herzlich. Seit 2015 ist das Projekt auch im Programm des Globalen Klassenzimmers zu finden. Der Kolonialgeschichtliche Stadtrundgang ist uns besonders ans Herz gewachsen und damit Ihr auch nach dem Rundgang nochmal etwas nachlesen könnt und auch Menschen, die nicht in Heidelberg sind, daran teilhaben können, haben wir uns etwas einfallen lassen. Nur so viel soll verraten werden: Wir sind gerade online fleißig am Basteln und werden Euch bald mit etwas Neuem zu diesem Thema überraschen, also haltet die Augen auf.
Ausblick
Zuletzt möchten wir Euch noch einen Ausblick auf 2016 geben, in dem es mit unserer Reihe Newcomer, Exil und Flucht weitergeht. Gleich zu Jahresbeginn konnten wir nicht zur Debatte um die Kölner Silvesternacht schweigen und schrieben den Kommentar Respekt ist nichts Kulturelles. Ebenfalls im Januar organisierten wir mit Wir für Flüchtlinge und Unterstützung des Amts für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg eine Podiumsdiskussion zum Medialen Blick auf Geflüchtete, die im Heidelberger Rathaus stattfand – wer diesen tollen Abend verpasst hat, kann hier eine Zusammenfassung lesen.
Außerdem solltet Ihr Euch schon einmal zwei Termine im Kalender eintragen. Für den 15.03.16 organisieren wir gerade die Podiumsdiskussion „Schwarz und Weiß – Deutsche Alltagsrealitäten“, welche die großartige Fotoausstellung Homestory Deutschland der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland in Heidelberg eröffnen wird. Wir sind sehr glücklich darüber am 23.06.16 beim Festival contre le Racisme die Autoren von „Unerwünscht – drei Brüder aus dem Iran erzählen ihre deutsche Geschichte“ zu einer Lesung in Heidelberg begrüßen zu dürfen, doch dazu bald mehr.
Wir freuen uns schon darauf Euch 2016 zu treffen. Schaut doch mal online auf unserer Homepage, bei Facebook und Twitter , in Echt bei unseren regelmäßig stattfindenden Treffen oder bei unseren Veranstaltungen vorbei.
Mit den besten Wünschen zum neuen Jahr
Euer schwarzweiss e.V.