
Manita, ein deutsch-afrikanischer Chor in Heidelberg
Integration mal anders
Manita, der deutsch-afrikansiche Chor in Heidelberg, lebt Integration jenseits der politisierten Erfolgsmärchen von anpassungsbereiten Einwanderern, die sich die deutsche Leitkultur wie ein zweites Hemd überziehen. »Anfangs war es undenkbar, dass, wenn eine Chorprobe um 7 beginnt, Leute eine halbe Stunde zu spät kommen. Inzwischen ärgere ich mich nicht mehr über die Anderen und sie sich nicht mehr über mich. Statt dessen ist es für mich ganz normal geworden und ich erlaube mir selbst mal zu spät zu kommen.« Mit diesen Worten beschreibt die aus Russland stammende Chorsängerin Anastasia den Gruppenprozess gegenseitiger Annäherung. Dabei war alles ganz anders geplant, in kleiner Runde im Studentenwohnheim. Dort begannen 2003 kamerunische Studierende gemeinsam Lieder, die sie an ihre Heimat erinnerten, zu singen. Auslöser dafür war der Tod zweier kamerunischer Freunde, erklärt Chorleiter Serge Ze.
Jedoch blieben sie nicht lange unter sich, sondern bekamen schnell sowohl musikalischen Zuwachs als auch ein begeistertes Publikum verschiedenster Herkunft in Heidelberg und Umebung. Nach zwei Jahren trat der Pfarrer der Heidelebrger Kapellengemeinde Florian Barth mit einer ungewöhnlichen Idee an sie heran. Angeregt durch die Wünsche einiger seiner Schüler, wollte dieser einen »Afrika-Gottesdienst« gestalten und bat Manita um musikalische Unterstützung. Aus der Offenheit, eine spontane Idee in die Tat umzusetzen, ist heute eine feste Institution geworden, die einzigartig in Baden-Württemberg ist. Um den monatlich statt findenden Gottesdienst herum ist ein Raum für Begegnung und Vernetzung unter und mit AfrikanerInnen entstanden. Als der Chor immer weiter wuchs, stellte ihnen die Kapellengemeinde ihre Kirche als Probenraum zur Verfügung. Immer wieder finden begeisterte Zuhörer den Weg zur wöchentlichen Chorprobe. Obwohl der Chor inzwischen mehr europäische als afrikanische Mitglieder zählt, werden weiterhin ausschließlich Lieder aus Afrika gesungen. Dabei bringen gerade auch die nicht aus Afrika kommenden SängerInnen Lieder ein, die sie auf Reisen kennen gelernt haben. Es gilt das Prinzip, wer ein Lied mitbringt, muss es auch übersetzen. Dadurch wird bei allen ein größeres Verständnis für die Enstehungskontexte der einzelnen afrikanischen Musikstücke gefördert. Hier wird deutlich, dass die Musik das Überbrücken konstruierter kultureller Barrieren ermöglicht. Dies wirkt sich auch auf das persönliche Miteinander aus und lässt Freundschaften, Partnerschaften und jüngst auch Kinder zwischen Menschen entstehen, die sich ohne Manita wahrscheinlich nie kennen gelernt hätten.
Jan Diebold, Janina Reiold, Caroline Authaler, Januar 2009
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.