
Stefanie Michels: Schwarze deutsche Kolonialsoldaten
Eine postkoloniale Perspektive auf den deutschen Kolonialismus
Am Beispiel der schwarzen Kolonialsoldaten rollt Stefanie Michels die Geschichte des deutschen Kolonialreiches neu auf — aus einer postkolonialen Perspektive.
Anstatt die Geschichte des deutschen Kolonialreiches mit einem zögerlichen Bismarck zu beginnen, der letztlich dann doch dem Traum vom „Platz an der Sonne“ nachgibt, setzt Michels den Beginn der Kolonialgeschichte an die Orte der kolonialen Begegnung selbst, nämlich die Gebiete, die dann vom Deutschen Reich als Kolonien beansprucht wurden: Kamerun, Togo, Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika. Dynamische Handelsnetzwerke, kosmopolitische Lebensstile an den Küsten und hart verhandelnde Diplomaten und Politiker waren der Kontext der europäischen (oft sehr gewalttätigen) Versuche, AfrikanerInnen in ihre Ordnungsvorstellungen zu zwingen. Die Autorin zeigt, wie sich umgekehrt deutsche Kolonisatoren zunächst in die bestehenden afrikanischen Strukturen einpassen mussten.
Die ursprünglich anvisierten kolonialen Ordnungsstrukturen der Deutschen existierten so bisweilen mehr in Diskursen denn in der sozialen Wirklichkeit. Anhand von Kolonialfotografien und Erinnerungsinterviews kann Michels zeigen, wie die Kolonisierung in Deutschland völlig anders repräsentiert und erinnert wurde als in den ehemaligen Kolonien und sich diese parallelen Deutungen bis heute fortsetzen. In Ihrem Titel versucht sie eine Kombination verschiedener Perspektiven, indem sie statt von Söldnern oder treuen Askari von schwarzen deutschen Kolonialsoldaten spricht. Damit spielt sie nicht nur auf schwarz-weiße Hierarchien an, die grundlegend für Kolonialismus sind sondern trägt Identitäten von kolonisierten Soldaten Rechnung, die sich als „Deutsche“ bezeichneten.
Stefanie Michels zeigt in ihrem Buch einen Weg auf, wie aus der Kritik am Eurozentrismus und kolonialen Diskursen eine postkoloniale Geschichte des deutschen Kolonialreiches geschrieben werden kann. Mit ein wenig Konzentration ist das Buch auch für AnfängerInnen in Kolonialgeschichte geeignet. Besonders der erste Teil des Buches enthält einige Überblickspassagen mit einführendem Charakter.
Stefanie Michels: Schwarze deutsche Kolonialsoldaten. Mehrdeutige Repräsentationsräume und früher Kosmopolitismus in Afrika, transcript, 2009.
Caroline Authaler, März 2012
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