
Vortrag: „Die Kurpfalz“ im imperialen Zeitalter: Mannheim, Heidelberg und der deutsche Kolonialismus
Vortrag im Rahmen der Afrikatage, veranstaltet vom Eine-Welt-Forum Mannheim e.V. in Kooperation mit den Reiß-Engelhorn-Museen Mannheim und schwarzweiss e.V. Montag, 30.06.2014 im Museum Zeughaus, Reiß-Engelhorn-Museen
Vom 3.6.-6.7.2014 fanden die 21. Afrikatage Heidelberg/Mannheim statt, deren Programm aus Vorträgen, Diskussionsrunden, Workshops, Theateraufführungen und Konzerten einen Spagat zwischen exotisierenden und kritischen Veranstaltungen wagt. Die Afrikatage boten schwarzweiss die Möglichkeit, Rechercheergebnisse für den kolonialgeschichtlichen Stadtrundgang durch Heidelberg mit Recherchen zur Mannheimer Kolonialgeschichte zusammenzuführen und einem interessierten Publikum vorzustellen. In dem vom Eine-Welt-Forum Mannheim e.V. in Kooperation mit den Reiß-Engelhorn-Museen Mannheim und schwarzweiss organisierten Vortrag „Die Kurpfalz im Imperialen Zeitalter: Mannheim, Heidelberg und der deutsche Kolonialismus“ stellten unsere beiden Mitglieder Caroline Authaler und Diana Griesinger gemeinsam mit Dr. Bernhard Gißibl (Leibniz Institut für Europäische Geschichte Mainz) und Katharina Niederau (Uni Mainz) zentrale Figuren des deutschen Kolonialismus vor, die in der Rhein-Neckar-Region verwurzelt waren: Persönlichkeiten wie der in Mannheim bis in die jüngste Gegenwart bewunderte „Kolonialheld“ Theodor Bumiller, der im Reiß-Engelhorn-Museum nicht nur eine umfangreiche ethnographische Sammlung, sondern auch bislang unerschlossene Tagebuchaufzeichnungen aus den Eroberungsfeldzügen in Ostafrika hinterlassen hat, die Heidelberger Geographen und Forschungsreisenden Alfred Hettner und Franz Thorbecke, sowie der im Plantagengeschäft in Kamerun tätige Unternehmer und Reichstagsabgeordnete Ferdinand Scipio.
Gezeigt wurde, dass die Jahrzehnte direkter deutscher Kolonialherrschaft in Afrika, Asien und Ozeanien vor dem Ersten Weltkrieg, aber auch das koloniale Engagement deutscher Institutionen und Unternehmen in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Mission nicht nur die Kolonien wie Namibia und Tanzania prägten, sondern auch Deutschland. Selbst in Regionen jenseits der imperialen Metropole Berlin und den Hafenstädten Bremen und Hamburg lassen sich vielfältige Einflüsse des deutschen Kolonialismus auf Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aufspüren. In Mannheim liefen diese Verbindungen vor allem über den Hafen und die Handelsverbindungen der Stadt, in Heidelberg über die Universität. Die vorgestellten kolonialen Lebensläufe zeigten insbesondere die kolonialen Verflechtungen der Rhein-Neckar-Gegend auf. Regionale Netzwerke ermöglichten durch finanzielle oder organisatorische Unterstützung die Aktivitäten in den Kolonien. Umgekehrt nutzten Mannheimer und Heidelberger Bürger ihre Reisen, die Teilnahme an kriegerischen Expeditionen oder wirtschaftlichen Aktivitäten in den Kolonien, um sich in der Heimat mit der Aura der Weltläufigkeit zu umgeben. Auch in der Sammlungsgeschichte der Reiss-Engelhorn Museen spiegle sich die koloniale Vergangenheit wider, betonte Dr. Iris Edenheiser, Leiterin der Weltkulturensammlung des Hauses. Die Bestände beinhalten sowohl Objekte, die im Zuge des Kolonialismus erworben wurden als auch exotisierende und orientalistische Kunstwerke.
Dass die Beschäftigung mit dem Kolonialismus keine Randnotiz deutscher Geschichte darstellt, machte nicht nur der Vortrag deutlich, sondern auch das rege Interesse, auf das der Abend stieß. Über 50 Zuhörer_innen waren zu der Veranstaltung gekommen und diskutierten im Anschluss mit den Referenten engagiert über die Ausbeutungsstrukturen des deutschen Kolonialismus und seine vielfältigen Nachwirkungen bis heute. Die Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus und seines Erbes steht erst am Anfang.
Danjiel Cubelic
August 2014